Dokumentarliteratur

Dokumentarliteratur
Dokumentarliteratur,
 
Sammelbezeichnung für gesellschaftskritisch und politisch orientierte Theaterstücke (Dokumentartheater), Hör- und Fernsehspiele, auch Prosa und Gedichte, die auf Dokumente und Fakten zurückgreifen und faktisches Geschehen nahe bleiben. Vorstufen der Dokumentarliteratur finden sich streckenweise in G. Büchners »Dantons Tod« (1835, mit Zitaten aus den Verhandlungsprotokollen), im Umkreis der Neuen Sachlichkeit, v. a. in E. Piscators Versuch und Konzept eines »dokumentarischen Theaters« (1919-31), und in der Reportage der 20er-Jahre, v. a. E. E. Kischs, in der speziellen Hörspielform »Aufriss« der Berliner Funkstunde, an die nach 1945 das Feature anknüpfte. Dokumentarliteratur als eigene Gattung kam jedoch erst in den 60er-Jahren zum Durchbruch (A. Kluge: »Lebensläufe«, 1962; »Schlachtbeschreibung«, 1966). Erfundenes wird mit Vorgefundenem vermischt. Elemente einer Tatsachenliteratur überwiegen stärker in T. Capotes Rekonstruktion eines Mordfalles »In cold blood« (1966) und völlig in mit Tonband erarbeiteten Werken wie O. Lewis' »The children of Sánchez« (1961); auch ältere und neuere Arbeiterliteratur beansprucht Authentizität in autobiographischen oder kritisch-reportagehaften Werken, ebenso die sozialkritische Reportage (G. Wallraff, Erika Runge). In der Satire entwickelte K. Kraus das Mittel des dokumentarischen Zitats, das in der neueren politischen Satire vielfach polemisch ausgewertet wird. Auch in das Hörspiel und in Formen des Fernsehspiels ist die dokumentarische Methode eingegangen. Mit seiner monumentalen Sammlung »Das Echolot« (1993) erschloss W. Kempowski für die Dokumentarliteratur neue Möglichkeiten der historischen Dokumentation.
 
 
D., hg. v. H. L. Arnold u. S. Reinhardt (1973);
 N. Miller: Prolegomena zu einer Poetik der D. (1982).

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Do|ku|men|tar|li|te|ra|tur, die: gesellschaftskritisch u. politisch orientierte Literatur, die auf Dokumente (2) u. Fakten zurückgreift u. nahe am faktischen Geschehen bleibt.

Universal-Lexikon. 2012.

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